LOKALTEIL PFARRKIRCHEN vom 27.10.2003

Staatsstraße wird zum Ort des Schreckens


Zwei Tote und fünf Schwerverletzte bei einem Unfall gestern Morgen - Freunde der Verunglückten als Augenzeugen
von Chr. Wanninger

Pfarrkirchen. Zwei junge Menschen aus Vilsbiburg und Dorfen haben gestern in den frühen Morgenstunden bei einem fürchterlichen Verkehrsunfall ihr Leben verloren. Fünf weitere Insassen (17 bis 30 Jahre alt) der beiden zwischen Altersham und Neukirchen frontal zusammengeprallten Autos wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Rettungsfahrzeuge brachten sie in die Krankenhäuser nach Braunau, Pfarrkirchen und Eggenfelden. "Wir alle werden das, was wir hier an dieser Stelle erlebt haben, nie mehr vergessen, aber lassen Sie uns an diesem Ort des Schreckens auch einen Funken Hoffnung entzünden." Es herrscht Totenstille, die Notstromaggregate sind abgeschaltet, die Scheinwerfer zur Ausleuchtung der Unfallstelle aus, die Rettungskräfte stehen mit gesenktem Kopf um zwei Särge, als Notfallseelsorger Martin Keßler diese Worte spricht. Es ist das langsame Ende eines Einsatzes, den wirklich niemand vergessen wird - schon gar nicht die Feuerwehrmänner, Sanitäter und Notärzte.
4.55 Uhr ist es gestern Morgen, als bei der Polizei ein Notruf eingeht. Auf der abschüssigen Staatsstraße im Waldstück zwischen Neukirchen und Altersham sind zwei Fahrzeuge ineinandergekracht. Nach den Ermittlungen der Polizei gerät zu dieser Zeit der Fahrer eines Fiat Punto aus noch ungeklärter Ursache (die Straße war weder nass noch glatt) in einer leichten Rechtskurve auf die linke Fahrbahnseite. Dort stößt er frontal mit einem Opel Calibra zusammen.
Den Rettungsmannschaften bietet sich vor Ort ein grauenhaftes Bild. Die Fahrer der zwei Wägen sitzen eingeklemmt in den völlig zerstörten Autos. Der 20-Jährige aus Dorfen (Landkreis Erding) am Steuer des Opel ist bereits tot. Sein Beifahrer (17), der ebenfalls aus Dorfen stammt und mit dem Rettungsspreizer befreit werden muss, und ein 30-jähriger Ghanaer aus Unterföhring bei München werden schwer verletzt.
Der 19-jährige Vilsbiburger, der den mit vier jungen Leuten besetzten Fiat Punto gesteuert hat, wird von der Feuerwehr aus dem Wrack herausgeschnitten. Mit lebensgefährlichen Verletzungen wird er ins Krankenhaus Pfarrkirchen gebracht und später ins Uni-Klinikum Regensburg verlegt. Sein Zustand ist äußerst kritisch.
Die Beifahrerin (20) und ein 19-Jähriger (beide ebenfalls aus Vilsbiburg) werden schwer verletzt geborgen. Für einen vierten jungen Mann in dem Fiat kommt jede Hilfe zu spät. Der 25-Jährige aus Erding, der hinter dem Fahrer saß, stirbt noch an der Unfallstelle.
Dort müssen vier weitere junge Leute mitansehen, wie die Rettungskräfte um das Leben ihrer Freunde kämpfen. Sie sind nämlich in dieser Nacht gemeinsam mit den Insassen des Fiat unterwegs. Nach noch nicht bestätigten Angaben wollten alle acht nach dem Besuch eines Clubs in Pfarrkirchen noch zu einer anderen Party. Dabei hatten sie sich offenbar verfahren und versehentlich die Straße Richtung Simbach eingeschlagen. Kurz vor Neukirchen wenden sie, um wieder nach Pfarrkirchen zu fahren. In dem Waldstück vor Altersham nimmt die Party-Nacht dann aber ein tragisches und furchtbares Ende.
Die Bekannten der Unfallopfer, die mit ihrem Auto nur wenige Sekunden nach dem Zusammenstoß zu diesem "Ort des Schreckens" kommen und die Polizei alarmieren, werden von zwei Notfallseelsorgern betreut. Auch die Vier stehen, eingehüllt in Decken und sich gegenseitig festhaltend im Kreis der Rettungskräfte, als diese mit Seelsorger Martin Keßler für die zwei Toten beten. Die Feuerwehr bringt die Freunde der Verunglückten wenig später nach Hause.
An den Unfallort wird ein Sachverständiger der Dekra gerufen. Er soll mit der Polizei die genaue Ursache ermitteln und ein Gutachten erstellen. Fast drei Stunden bleibt die Staatsstraße komplett gesperrt.
Im Einsatz sind neben mehreren Rettungsfahrzeugen, Sanitätern und Notärzten des BRK die Feuerwehrmänner aus Altersham, Pfarrkirchen und Triftern. Auch ihnen steht der Schrecken ins Gesicht geschrieben. Kreisbrandmeister Franz Gruber: "Wir haben schon viel gesehen. Aber das ist ein Einsatz, der selbst unsere erfahrenen Leute ziemlich mitnimmt." So geht es auch Günter Baumgartner. Der stellvertretende Pfarrkirchner Polizeichef, von Zuhause an den Unfallschauplatz geeilt, schüttelt fassungslos den Kopf, als er die zerstörten Autos sieht und über die Zahl der Toten und Verletzten informiert wird. "Im Gegensatz zum letzten Jahr waren wir heuer von tödlichen Unfällen fast verschont", sagt er. "Und jetzt das."