Staatsstraße wird zum Ort des Schreckens
Zwei Tote und fünf Schwerverletzte bei einem Unfall gestern Morgen - Freunde
der Verunglückten als Augenzeugen
von Chr. Wanninger
Pfarrkirchen. Zwei junge Menschen
aus Vilsbiburg und Dorfen haben gestern in den frühen Morgenstunden bei
einem fürchterlichen Verkehrsunfall ihr Leben verloren. Fünf weitere
Insassen (17 bis 30 Jahre alt) der beiden zwischen Altersham und Neukirchen
frontal zusammengeprallten Autos wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt.
Rettungsfahrzeuge brachten sie in die Krankenhäuser nach Braunau, Pfarrkirchen
und Eggenfelden. "Wir alle werden das, was wir hier an dieser Stelle erlebt
haben, nie mehr vergessen, aber lassen Sie uns an diesem Ort des Schreckens
auch einen Funken Hoffnung entzünden." Es herrscht Totenstille, die
Notstromaggregate sind abgeschaltet, die Scheinwerfer zur Ausleuchtung der Unfallstelle
aus, die Rettungskräfte stehen mit gesenktem Kopf um zwei Särge, als
Notfallseelsorger Martin Keßler diese Worte spricht. Es ist das langsame
Ende eines Einsatzes, den wirklich niemand vergessen wird - schon gar nicht
die Feuerwehrmänner, Sanitäter und Notärzte.
4.55 Uhr ist es gestern Morgen, als bei der Polizei ein Notruf eingeht. Auf
der abschüssigen Staatsstraße im Waldstück zwischen Neukirchen
und Altersham sind zwei Fahrzeuge ineinandergekracht. Nach den Ermittlungen
der Polizei gerät zu dieser Zeit der Fahrer eines Fiat Punto aus noch ungeklärter
Ursache (die Straße war weder nass noch glatt) in einer leichten Rechtskurve
auf die linke Fahrbahnseite. Dort stößt er frontal mit einem Opel
Calibra zusammen.
Den Rettungsmannschaften bietet sich vor Ort ein grauenhaftes Bild. Die Fahrer
der zwei Wägen sitzen eingeklemmt in den völlig zerstörten Autos.
Der 20-Jährige aus Dorfen (Landkreis Erding) am Steuer des Opel ist bereits
tot. Sein Beifahrer (17), der ebenfalls aus Dorfen stammt und mit dem Rettungsspreizer
befreit werden muss, und ein 30-jähriger Ghanaer aus Unterföhring
bei München werden schwer verletzt.
Der 19-jährige Vilsbiburger, der den mit vier jungen Leuten besetzten Fiat
Punto gesteuert hat, wird von der Feuerwehr aus dem Wrack herausgeschnitten.
Mit lebensgefährlichen Verletzungen wird er ins Krankenhaus Pfarrkirchen
gebracht und später ins Uni-Klinikum Regensburg verlegt. Sein Zustand ist
äußerst kritisch.
Die Beifahrerin (20) und ein 19-Jähriger (beide ebenfalls aus Vilsbiburg)
werden schwer verletzt geborgen. Für einen vierten jungen Mann in dem Fiat
kommt jede Hilfe zu spät. Der 25-Jährige aus Erding, der hinter dem
Fahrer saß, stirbt noch an der Unfallstelle.
Dort müssen vier weitere junge Leute mitansehen, wie die Rettungskräfte
um das Leben ihrer Freunde kämpfen. Sie sind nämlich in dieser Nacht
gemeinsam mit den Insassen des Fiat unterwegs. Nach noch nicht bestätigten
Angaben wollten alle acht nach dem Besuch eines Clubs in Pfarrkirchen noch zu
einer anderen Party. Dabei hatten sie sich offenbar verfahren und versehentlich
die Straße Richtung Simbach eingeschlagen. Kurz vor Neukirchen wenden
sie, um wieder nach Pfarrkirchen zu fahren. In dem Waldstück vor Altersham
nimmt die Party-Nacht dann aber ein tragisches und furchtbares Ende.
Die Bekannten der Unfallopfer, die mit ihrem Auto nur wenige Sekunden nach dem
Zusammenstoß zu diesem "Ort des Schreckens" kommen und die Polizei
alarmieren, werden von zwei Notfallseelsorgern betreut. Auch die Vier stehen,
eingehüllt in Decken und sich gegenseitig festhaltend im Kreis der Rettungskräfte,
als diese mit Seelsorger Martin Keßler für die zwei Toten beten.
Die Feuerwehr bringt die Freunde der Verunglückten wenig später nach
Hause.
An den Unfallort wird ein Sachverständiger der Dekra gerufen. Er soll mit
der Polizei die genaue Ursache ermitteln und ein Gutachten erstellen. Fast drei
Stunden bleibt die Staatsstraße komplett gesperrt.
Im Einsatz sind neben mehreren Rettungsfahrzeugen, Sanitätern und Notärzten
des BRK die Feuerwehrmänner aus Altersham,
Pfarrkirchen und Triftern. Auch ihnen steht der Schrecken ins Gesicht geschrieben.
Kreisbrandmeister Franz Gruber: "Wir haben schon viel gesehen. Aber das
ist ein Einsatz, der selbst unsere erfahrenen Leute ziemlich mitnimmt."
So geht es auch Günter Baumgartner. Der stellvertretende Pfarrkirchner
Polizeichef, von Zuhause an den Unfallschauplatz geeilt, schüttelt fassungslos
den Kopf, als er die zerstörten Autos sieht und über die Zahl der
Toten und Verletzten informiert wird. "Im Gegensatz zum letzten Jahr waren
wir heuer von tödlichen Unfällen fast verschont", sagt er. "Und
jetzt das."